20 Jahre Arbeit für den Boden – Jubiläum der Bodenversteher – 20 Jahre im Namen des Bodens
Ein Beitrag von Catrin Hahn Pressetext
Die Gesellschaft für konservierende Bodenbearbeitung, GKB e.V., beging am 21. Februar ihr 20-jähriges Jubiläum mit einer festlichen Tagung in Braunschweig. Mitstreiter der ersten Stunde kamen zu Wort, aber auch junge, engagierte Landwirte als Garanten einer erfolgreichen zukünftigen Arbeit.
Die Jahrestagung der Gesellschaft, die traditionell im Februar im Forum des Thünen-Institutes in Braunschweig stattfindet, ist immer eine gut besuchte Veranstaltung. In diesem Jahr aber war es noch voller als sonst. Anlass war der 20. Jahrestag der Gesellschaft. Schon ab Mitte der achtziger Jahre hatten Mitstreiter der ersten Stunde intensive Vorarbeit geleistet – wissensdurstige Landwirte, Wissenschaftler und Vertreter von Agribusinessunternehmen – im Arbeitskreis „Ackerbau ohne Pflug“, später im No-till-Club, aus dem dann die GKB wurde. Hatten sich in den USA – damals und heute Vorreiter in Sachen Pflugverzicht – über Anbausystem und Vorteile für den Boden informiert. Hatten Verbündete gesucht in Europa und der ganzen Welt. Und schließlich im Jahr 1998 die GKB gegründet, immer noch Ideenschmiede und Sammelbecken für zukunftsweisende Ideen, aber schon lange nicht mehr der damals belächelte „Spinnerclub“.
Hoher Besuch – dem Jubiläum angemessen
Dem feierlichen Anlass angemessen fanden sich hochrangige Gratulanten ein: Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast lobte die Gesellschaft für ihr Engagement, den „Boden als das wichtigste Produktionsmittel der LW zu erhalten und zu verbessern“. Das sei auch eine höchst anspruchsvolle Aufgabe, schließlich muss „der Landwirt den Boden bei diesem Produktionssystem sehr gut kennen und kann nicht einfach Fehler mit dem Pflug korrigieren.“ Aber es lohnt sich, betont die Ministerin. Schließlich hätten die beiden zurückliegenden Extremjahre gezeigt, dass die tragfähigen, gesunden Böden weniger Strukturschäden erlitten und sich schneller erholt haben.
Gerade jetzt, fuhr Otte-Kinast fort, wo der chemische Pflanzenschutz an seine Grenzen gerät – sei es durch politische Restriktionen oder Resistenzen und fehlende neue Wirkstoffe – zeigt sich, wie wichtig die klassischen Ackerbautugenden sind. „Veränderungen passieren zurzeit in schneller Folge, gerade schockiert viele niedersächsische Landwirte die angekündigte Verschärfung der Düngeverordnung in hoch belasteten Gebieten. Aber solche Veränderungen wird es immer geben. Das gilt auch für den sehr wahrscheinlichen Verlust von Glyphosat. Die GKB sucht und bietet hier Lösungsmöglichkeiten. Dafür danke ich Ihnen.“
„Es ist der Landwirtschaft immer gelungen, ihren Weg zu finden.“ Barbara Otte-Kinast
Ein interessanter Schlagabtausch ergab sich nach der Rede der Ministerin, als aus dem Publikum heraus die Frage gestellt wurde, was die Politik gegen den wahrscheinlichen Verlust von Glyphosat unternehmen will. Otte-Kinast versteht den Frust und den Vertrauensverlust der Branche in die Politik. Sie sagt aber auch: „Ich hätte hier auch von den Verbänden mehr erwartet. Politik kann das nicht alleine. Außerdem: Jeder Landkreis hat einen Bundestagsabgeordneten. Kontaktieren Sie ihn, informieren Sie ihn. Nehmen Sie das selber in die Hand, und verlangen Sie mehr von Ihren Verbänden.“
Ein Grußwort per Videoschaltung kam von der derzeit vielbeschäftigten Bundeslandwirtschaftsministerin. Julia Klöckner wünschte der GKB darin weiterhin viel Erfolg beim Schutz des Bodens, schließlich hängen 90 % der weltweiten Nahrungsmittelproduktion allein vom Zustand dieses Produktionsmittels ab. Der von der Bundesregierung im vergangenen Herbst veröffentlichte Bodenzustandsbericht und die für den kommenden Herbst geplante Nationale Ackerbaustrategie spiegeln die Bedeutung des Bodens ebenfalls wider, betonte Klöckner.
Der Präsident der European Conservation Agriculture Federation (ECAF), Prof. Dr. Gottlieb Basch von der Universität von Evora in Portugal, forderte von allen Mitgliedsländern, sich weiterhin den Herausforderungen zu stellen. Gerade angesichts des starken Gegenwindes, in dem sich die konservierende Bodenbearbeitung derzeit befinde – befeuert von der Debatte um Glyphosat und der Tatsache, dass die enormen Vorteile des Pflugverzichts darüber vergessen werden. Forschungsprojekte wie das aktuelle EIP-Projekt zur smarten Unkrautkontrolle helfen dabei. Mit ihren 16 europäischen Mitgliedsorganisationen will die in Brüssel ansässige ECAF die Vorteile der konservierenden Wirtschaftsweise unter Europas Landwirten bekannt machen.
Den Boden für die GKB bereitet
„Niemand geht mehr aufs Feld” Prof. Köller
Der nächste Referentenblock war Gründungsmitgliedern vorbehalten. Dr. Claus Sommer aus Braunschweig, Dr. Friedrich Tebrügge aus Gießen, Prof. Karlheinz Köller aus Hohenheim und Ralf Emminger aus Berlin – sie alle hatten, zum Teil schon lange Jahre vor der Gründung und zusammen mit innovativen Praktikern, den Boden für die GKB bereitet. Ihnen und ihren damals etwa 100 Mitstreitern ist es zu verdanken, dass die GKB heute – mit etwa 700 Mitgliedern – auf eine bewegte und erfolgreiche Zeit zurückblicken kann. Doch die Gründungsmitglieder verloren sich nicht nur in Erinnerungen an die damalige Zeit. Sie nutzten auch die Gelegenheit, Kritik zu üben, Wünsche oder künftige Ziele zu formulieren. Prof. Köller merkte zum Beispiel in Anlehnung an Ministerin Otte-Kinasts Aufforderung zur Eigeninitiative bei Kommunikation und politischer Einflussnahme an, dass sich auch die Wissenschaft zu wenig engagiere: „Sie bildet die Leute aus, lässt sie aber dann alleine. Sie unterstützt sie nicht in ihrer alltäglichen Arbeit.“ Überhaupt, stellte Köller fest, entfernt sich die Wissenschaft derzeit von der praxisbezogenen Forschung: „Ich sehe keine praxisnahe Forschung. Die Forschungsgelder gehen in die Digitalisierung, alles findet am Rechner statt, niemand geht mehr aufs Feld.“
„Wer nicht fragt, bleibt dumm.“ Sesamstraße und Wilhelm Backhaus
Sehr unterhaltsam gab auch Gründungsmitglied Wilhelm Backhaus, aus Ostwestfalen stammend, der seit fast 30 Jahren einen Familienbetrieb bei Bautzen in Sachsen betreibt, seine Erinnerungen wieder. Als besonders kompliziert empfand er damals die Informationsbeschaffung und den Kontakt zu Gleichgesinnten – heute in Zeiten allgemeiner Vernetzung kein großes Problem mehr. Die Mitarbeit im No-till-Club, viel – überwiegend amerikanische – Literatur und so viel wie möglich Vorführmaschinen auf dem Hof, so sah sein Weg aus. Inzwischen – trotz aller phytopathologischen und Vermarktungs-Probleme – seinem Boden geht es bestens: „Die Regenwürmer haben so eine Langeweile, dass sie bei mir in die Fahrgassen ziehen zum Wühlen.“
„Die fehlende Ertragskraft macht den Ackerbau nach Schema F unmöglich.“ Daniel Töppe
Ein eindrucksvolles Beispiel, wie junge Landwirte an die zahlreichen Herausforderungen herangehen, vor denen sie stehen, lieferte Daniel Töppe von der Agrargenossenschaft Groß Machnow. Der große Agrarbetrieb, vor den Toren Berlins auf sandigsten Böden gelegen, sucht alle Möglichkeiten, die die veränderten Rahmenbedingungen mit sich bringen, auf eventuelle Vorteile ab. Die Stadtnähe wird für den Hofladen und die kleine eigene Kartoffelmarke genutzt. Biogasanlage und Photovoltaik helfen beim Schließen von Produktionskreisläufen. Zur Ferkelproduktion kam – um die kaum noch genutzten Grünlandflächen auszulasten – die Mutterkuhhaltung. Kompensationsmaßnahmen für Flächen, die an den (hoffentlich) neuen Flughafen BER abgegeben wurden, erlauben ein vielfältiges Naturschutzengagement. „Ertragsmaximierung und Kostenreduktion“ sind laut Töppe die Wege zum Erfolg. Beide gelte es mit Neugier und Offenheit zu beschreiten. Und die Bodenbearbeitung als großer Kostentreiber sei einer der Hauptpunkte bei der Suche nach Einsparmöglichkeiten. Das gelte auch für die bisher kaum erforschten Möglichkeiten der Regenerativen Landwirtschaft, die mit der Förderung von Humus und mikrobiellem Bodenleben riesige Potenziale in Sachen Pflanzenernährung und -schutz beinhalte.
Rasso Schatz und Stefan Kiefer von den beiden Fördermitglieds-Unternehmen Väderstad und Amazone beschrieben die technischen Entwicklungen der letzten 20 Jahre und mögliche technische Antworten auf die kommenden Anforderungen. So zum Beispiel sei es wahrscheinlich, erklärte Kiefer, dass mit dem Wegfall von Glyphosat eine Renaissance der flachen Bodenbearbeitung anstehe. Welche Werkzeuge hier geeignet sind, das untersuchen beide Unternehmen in enger Abstimmung mit der Praxis und in eigenen Anbauversuchen.
„Es gibt nicht die eine Landwirtschaft.“ Prof. Breunig
Einen Blick in die Zukunft der deutschen Landwirtschaft wagte abschließend Prof. Peter Breunig von der Hochschule Weihenstephan Triesdorf. Große Veränderungen seien im gesamten Sektor im Gange, erklärte der Referent: Aus Fleischunternehmen werden angesichts veränderten Konsumverhaltens Proteinunternehmen. Sie hätten verstanden, dass die Quelle des zukünftigen Nahrungsproteins tierischer Herkunft – dabei aber auch von Insekten oder aus dem Labor stammen könne – oder genauso auch pflanzlicher Herkunft sein könne. Die immer stärkere Definition junger Menschen über ihr Konsumverhalten, „Essen als Lifestyle“, führe dazu, dass immer mehr Nischenmärkte entstünden. Neue Wertschöpfungsketten und -netzwerke müssen entdeckt und ausgebaut werden. So beschreibt er einen Betrieb, der Blühmischungen in Fahrgassen sät und das Getreide von diesen Schlägen mit einer Mühle und mehreren Bäckern unter einer eigenen Marke „Blütenkorn“ vermarktet. „Es gibt nicht das eine Konsumverhalten, also gibt es auch nicht die eine Landwirtschaft“, schloss Breunig. Das bietet Chancen, erfordert von den Landwirten aber auch eine neue Kernkompetenz: die Kommunikation.
Dass das nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine riesige Chance sein könnte, beweist Daniel Töppes Stoßseufzer am Rande der Tagung: „Wenn ich jetzt Land hätte oder pachten könnte, würde ich sofort einen Betrieb aufmachen. Das ist die beste Zeit dafür.“ Eine sicherlich selten gehörte Meinung in den letzten Jahren, aber vielleicht wert, mal darüber nachzudenken.
Catrin Hahn
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